Samstag, 25. August 2012

Review: Devin Townsend Project - Addicted

Es hat nicht lange gedauert, da gibt es mit "Addicted" schon den zweiten Teil der insgesamt vierteiligen Serie des Devin Townsend Project auf die Ohren. Wer Ähnlichkeiten oder auch nur ein entfernt stereotypes Album zu "Ki" erwartet, wird erneut etwas verwirrt zurück gelassen, denn das Konzept ist wieder völlig different. Und ja, bei der klanglichen Änderung dachte auch ich zunächst, einen gewollt radiotauglichen Devin Townsend zu hören.

Man könnte dieses Album sicherlich mit wenigen Worten beschreiben, doch ich habe mich dazu entschlossen, den Platz meiner Seite nachfolgend mal richtig auszunutzen. Einführend darf man sich die Frage stellen, was denn die Botschaft, das Konzept von "Addicted" denn nun ist. Kurzum: Es gibt eigentlich keine Botschaft. Townsend kreierte "Addicted" im selben Klanggewand und mit selbiger Eingängigkeit, wie es die in den Charts vertretene Musik jeden Tag aufs Neue vormacht. Eingängigkeit und Kurzlebigkeit ohne tragende Konzepte stehen da an der Tagesordnung und punkten in der schnelllebigen Masse, ohne große Zeichen zu setzen. Der Unterschied zu diesen Pop-Regeln wird den meisten jedoch bereits während des ersten Hörgangs von "Addicted" klar werden.

Townsend übt im versteckten gleichzeitig Kritik gegen jene Musik aus, die er da selbst von der Hand spielt. Eine konzeptionelle Botschaft gibt es demnach also doch. Die Ironie des Ganzen ist leicht zu verstehen, die Idee an sich ausgezeichnet. Doch wie ist die musikalische Umsetzung? Schließlich ist "Addicted" für Townsend-Verhältnisse ein äußerst radiotauglicher, wenngleich noch immer verrückter Output geworden. Seine Handschrift kann und möchte er dahingehend nicht ansatzweise verleugnen und so gibt es die großen und kleinen Mindfuck-Funken des ungebändigten Devin auch auf "Addicted" an jeder Ecke zu hören. Zudem holte sich der Meister die Sängering  Anneke van Giersbergen (ex-The Gathering) für viele Songs ans Mikrofon, was diese mit einem weiteren Reiz verziert. Die Reise kann also beginnen!


Der erste Titel und gleichzeitige Titeltrack "Addicted!" (hier und wie alle anderen Titel mit Ausrufungszeichen versehen) kommt dem Hörer dabei noch als eine der härteren Nummern entgegen. Das vor allem zu Beginn einfache Riffing bleibt sofort im Kopf stecken, textlich wandert die Band in oben beschriebenem Setting ziellos umher. Auch wenn im Mittelteil die typische townsend'sche Verrücktheit durchschimmert: Es hält sich immer im Rahmen, kurz vor einem Ausbruch wird stets zurückgerudert - ganz im Sinne des Konzeptes. Bis hierhin ist noch fast alles beim Alten, doch spätestens nach dem zweiten recht knackigen und brachialen Track "Universe In A Ball!", wird es allmählich radiotauglicher. 

"Bend It Like Bender!" weiß dies gut zu vermitteln, auch wenn vor allem für Neulinge zu jeder Zeit die krasse Verspieltheit der Soundkulisse auffällt. Verzerrte elektronische Effekte weichen kurzen, prägnanten und bluesigen Gitarren-Riffs. Townsends meist waghalsige, jedoch immer einprägsame Stimme weicht der sehr weichen Stimme der Sängerin Anneke van Giersbergen. Generell verbucht der weibliche Stimmenanteil einen unerwartet großen Anteil, welcher in den Songs sehr gut mit Devins gefühlsbetonter und außergewöhnlicher Stimme harmoniert. Dennoch und trotz aller weich gespülten Ecken und Kanten: "Bend It Like Bender!" ist ein Ohrwurm schlechthin.

"Supercrush!" geht dann noch schneller ins Ohr und zeigt die intensive Erfahrung, die der Hörer mit Townsends Stimme machen kann. Was Gierbsergen und (vor allem) Townsend hier stimmlich leisten, ist fast nicht mehr menschlich und schlicht und ergreifend überdimensioniert. "Supercrush!" hebt sich durch seine Struktur im wahrsten Sinne des Wortes von der Masse ab und ist eines der Glanzpunkte von "Addicted""Hyperdrive!" ist die wohl eingängigste Nummer der Platte und besticht durch einen wirklich energiegeladenen Refrain. Anneke van Giersbergen macht bei der Addicted-Version, wie sollte es auch anders sein, eine klasse Figur. Nach guten drei Minuten ist leider auch hier bereits Schluss. Der Track war übrigens schon auf Townsends Soloalbum "Ziltoid The Omniscient" vertreten, allerdings in einer etwas ruhigeren Version, die ausschließlich von Townsend gesungen wurde. 

"Resolve!" ist wieder ein etwas durchgedrehter, allerdings ähnlich eingehender Song wie schon "Hyperdrive!" oder "Bend It Like Bender!", fällt gegen eben genannte im Gesamtbild allerdings etwas ab. Zu oft wiederholen sich die Samples und Gesangseinlagen, als das der Track nachhaltig bestehen könnte. Der Ironie-Knaller schlechthin kommt mit dem folgenden Track "Ih-Ah", eine typische Radio-Pop-Liebeserklärung, welche allein durch den einfachen Text, dem "bla-bla-ähnlichen" Refrain und letztlich durch den bereits hinweisenden Song-Namen verhunzt wird. "Ih-Ah" ist ein einfacher, banaler und beinahe schon langweiliger Titel der Platte und es wäre eine Schande für den Meister, wenn wir nicht alle wüssten, dass Townsend dies genau so gewollt hat. Dies gilt übrigens auch für "Resolve!" und wohl auch für die restliche Platte an sich.

"The Way Home!" ist eine sehr atmosphärische Nummer, welche sehr ergreifend durch Townsends Stimme unterstützt wird. Wie sehr eine Handschrift eines Künstlers trotz klanglicher Wechsel und völlig anderen Herangehensweisen bestehen bleibt, zeigt uns "The Way Home!" sehr gut, denn der schnelle Rhythmus sowie der Gesang erinnern noch immer stark an alte Zeiten mit Strapping Young Lad. "Numbered!" schlägt mit typischen Riffs auf, die mittels des treibenden Gitarrenspiels und der schrägen Synthies erneut an Strapping Young Lad erinnern. Doch spätestens im Refrain weiß man wieder, dass Devin mit diesem Kapitel abgeschlossen hat. Den Abschluss bringt der neun minütige, Science-Fiction-behaftete Abgesang "Awake!!" (hier übrigens tatsächlich zwei Ausrufungszeichen), welcher die durchgängige Eingängigkeit gepaart mit Townsends durchgedrehter Ader noch einmal perfekt unterstreicht. 

Unterm Strich bleibt ein frisches Konzept mit einem frischen, teils sehr interessanten Klangbild, welches es jedoch schwer haben wird und sichtlich zwischen den Stühlen sitzt. Zum einen warten Anhänger der alten Zeiten von Strapping Young Lad lieber auf ein Monster-Album, wie es wohl das bereits angekündigte, nächste Werk namens "Deconstruction" werden wird. Zum anderen ist das Album für Neulinge trotz aller Einprägsamkeit wohl zu befremdlich. Fans werden sich das Ding eh besorgen und an dieser Stelle kann ich für alle anderen nur sagen: Wer leicht verdaulichen Alternative Rock mit einer metallischen und vor allem mit einer verrückten Note mag, sollte sich das Ding unbedingt zulegen!

Euer Fibo

Wertung

Tracklist von "Addicted"

01. Addicted! (5:36)
02. Universe In A Ball! (4:08)
03. Bend It Like Bender! (3:36)
04. Supercrush! (5:11)
05. Hyperdrive! (3:34)
06. Resolve! (3:11)
07. Ih-Ah! (3:44)
08. The Way Home! (3:13)
09. Numbered! (4:54)
10. Awake!! (9:44)

Weitere Infos

Release: 17.11.2009
Spielzeit: 46:48
Devin Townsend (Gesang, Gitarre, Electronica)
Anneke van Giersbergen (Gesang)
Mark Cimino (Gitarre)
Brian Waddel (Bass)
Ryan van Poederooyen (Schlagzeug)

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