Montag, 1. Oktober 2012

Review: Eskimo Callboy - Bury Me In Vegas

Es ist manchmal schon recht beeindruckend, wie schnell sich gewisse Trends in der Musik breitmachen. Kaum werden Bands wie Asking Alexandria oder Bring Me The Horizon einer breiten Masse zugänglich, sprießen die jugendlichen Metalcore-Elektro-Pilze auch auf deutschem Boden. Doch während sich massig Elektro-Effekte mit schweren Gitarrenriffs und Schrei-Eskapaden prügeln, darf man sich fragen: Ist dies überhaupt noch Metal(core)?

Ich gebe den puristischen Schwermetallhörer genau fünf Sekunden und "Bury Me In Vegas" erliegt zuerst der Stopp-Taste und dann dem Grobmüllhexler. Länger benötigt es nicht, damit sich alle Sinne dafür oder dagegen stellen. Der Titeltrack eröffnet nämlich gleich mit voller Breitseite und sichert sich gleich den Platz auf dem Treppchen für den schrillsten Song der Platte. Ob dies nun gut oder schlecht ist, bleibt eine Geschmackssache der extremen Art - wie das gesamte Album an sich.

Ein Track wie der folgende "The Kerosene Dance" knüppelt sicherlich nicht schlecht um die Ecke, doch wurde der Song bereits zuvor gefühlte zehn Mal von anderen Bands geschrieben. Dies gilt theoretisch für die gesamte Spielart von Eskimo Callboy - etwas grundsätzlich Neues oder gar Gewagtes darf man von den Herren nicht erwarten. Natürlich kann auch eine Wanderung durch bekanntes Terrain unglaublich viel Spaß bringen, doch wenn es so zerklüftet, unüberschaubar und anstrengend aussieht, wie "Bury Me In Vegas" klingt, bleibt man lieber gleich zuhause.


Da Eskimo Callboy die neue Ära der extremen Musik noch einen Schritt weiter bringen will, haben Songs wie "Transilvanian Cunthunger" oder "Muffin Purper-Gurk" nicht nur extrem dämliche Titel, sondern gehen auch extrem auf die Nerven - Hauptsache extrem. Schließlich wird dieser Effekt von den Jungs aus Castrop-Rauxel auch beabsichtigt. Doch spätestens dann, wenn drei Twists innerhalb von zehn Sekunden aufeinander folgen, ist der Bogen irgendwann einmal überspannt, gerade wenn dies auf Albumlänge durchgezogen wird. Für die Konzentration sind die knackigen 34 Minuten gute zehn Minuten zu viel, vor allem dann, wenn zusätzlich noch Kitsch-Refrains wie in "Is Anyone Up" oder "Wonderbra Boulevard" am festen Verstand rütteln.

Es ist teilweise völlig irrelevant, welcher Track gerade läuft, da durch die ständigen Genre-Wechsel und dem fortwährend piepsigen Refrain-Chart-Stimmen kaum Unterschiede auszumachen sind. Gefühlt springen die Jungs alle 30 Sekunden in den nächsten Titel, nur um jeden Moment wieder komplett von vorn zu beginnen. Wem diese Art des Songwritings gefällt, der sei dazu herzlich eingeladen. Mir wird einfach zu oft zu viel gewollt auf Bombast und Extrem gesetzt. Zwischenzeitlich rutscht man sogar in kurz andauernde Dupstep- und Blues-Rock-Schnipsel ab - nur um wenige Sekunden später wieder in der Ur-Suppe zu landen. Ne Leute, da ist mir ein Extrem zu viel drinnen!

Sicherlich hat das Album für den ein oder anderen einige Reize parat, da sowohl die Produktion als auch die Instrumentalisierung in Ordnung gehen, wobei vor allem letzter Punkt innerhalb eines großen Toleranzbereiches pendelt. Wer auf Metalcore oder gar Electro-Core steht und sowieso alles konsumiert, was gerade angesagt ist, kann sicherlich mit Eskimo Callboy seinen Spaß haben. Mein Problem mit "Bury Me In Vegas" ist der einfache Grundtenor nach fetten (Blast)-Beats und Keyboard-Hooklines sowie einem teils sehr dürftigen textlichen Inhalt. Hier gibt es keine politischen Diskussionen oder sozialkritische Ausflüge - stattdessen Sex, Alkohol und Party auf unterstem Niveau. Der Gig vom With Full Force Festival dieses Jahres unterstreicht die Philosophie der Band zudem noch einmal dick und fett mit einem vor Feierstimmung triefenden Balken. Die Jungs schreien förmlich danach, aufzufallen und bekannt zu werden. Nach einer glitzernden halben Stunde Stumpfsinn steht für mich allerdings fest: Eskimo Callboy sind die neuen Atzen der Metalcore-Szene.

Euer Fibo

Wertung

Tracklist von "Bury Me in Vegas"

01. Bury Me In Vegas (3:22)
02. The Kerosene Dance (3:20)
03. Internude (0:41)
04. Is Anyone Up (3:07)
05. Wonderbra Boulevard (3:33)
06. Legendary Sleeping Assault (1:50)
07. Light The Skyline (4:15)
08. 5$ Bitchcore (3:26)
09. Transilvanian Cunthunger (3:33)
10. Muffin Purper-Gurk (3,26)
11. Snow Covered Polaroids (4:03)

Weitere Infos

Release: 23.03.2012
Spielzeit: 34:29
Sebastian Biesler (Gesang)
Kevin Ratajczak (Gesang, Electronica)
Daniel Haniß (Gitarre)
Pascal Schillo (Gitarre)
Daniel Klossek (Bass)
Michael Malitzki (Schlagzeug)

Band-Kontakt

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